Deutsche Oper Berlin: Der Schatzgräber © Monika Rittershaus
Monika Rittershaus
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Deutsche Oper Berlin - "Der Schatzgräber" von Franz Schreker

Bewertung:

Franz Schrekers fast erfolgreichste Oper "Der Schatzgräber" ist ein haarsträubendes Mittelaltermärchen über die Gier nach Schmuck – als Bild metaphyischer Triebe, die uns alle in den Abgrund zerren. Das Werk verfügt auch über eine der schwärzesten Frauenfiguren der Operngeschichte; auch wenn Els, so ihr Name, in dieser Inszenierung eher als Frolleinwunder mit Kellnerschürzchen daherkommt. Die Betriebstemperatur des musikalischen Boilers ist immer knapp vor der Explosion. Typisch 20er Jahre, könnte man sagen. Doch darum geht man ja.

Deutsche Oper Berlin: Der Schatzgräber © Monika Rittershaus
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Regisseur Christof Loy lässt in einem schwarzen Marmorsaal spielen, als sei’s "Der Untergang des Hauses Usher". Keine schlechte Assoziation, ganz ähnlich nämlich sind die finsteren Übermächte hier beschaffen. Die Bühne von Johannes Leiacker ähnelt – in ihrer etwas geleckten Ästhetik – ein bisschen den Vorgänger-Erfolgen von Loy (vor allem dem grandiose "Wunder der Heliane" von Korngold). Eine Schaufenster-Ästhetik, fast wie im KaDeWe. Lässt den Wunsch erkennen, diesem Ungetüm ein geschmackvoll Mäntelchen umzuhängen. Warum eigentlich?! Das schrundige, fettig Abgründige des Stücks fehlt mir etwas.

Eine schrecklich nette Besetzung

Ein Besetzung-Coup wie beim "Wunder der Heliane" - und ebenso der "Francesca da Rimini", beides damals mit Sarah Jakubiak - wiederholt sich nicht. Elisabeth Strid als böse, schöne Els ist ein erotischer Troll und irisierender Pumuckl. Michael Laurenz als Narr, ebenso Daniel Johansson in der Titelrolle: Schrecklich nette Leute, alle. Vielleicht ein bisschen zu sehr. Einen tollen Auftritt, wie ich finde, hat Clemens Bieber als Kanzler.

Ein Takt, tausend Taktwechsel

Zusammengehalten wird der Abend von dem hier vorzüglichen Orchester der Deutschen Oper. Schreker lässt das Orchester ja ständig dicke Backen machen: ein Takt, tausend Taktwechsel. Ein Stimmungs-Pingpong kurz vorm hysterischen Anfall - und übrigens ganz tonal. Dirigent Marc Albrecht gewinnt dem Orchester aber gerade durch die von ihm geforderte Transparenz triumphale Farben ab. Beste Orchesterleistung an diesem Haus seit vielen Jahren! (Fast überhaupt seit den Zeiten Sinopolis.)

Deutsche Oper Berlin: Der Schatzgräber © Monika Rittershaus
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Eitel Sonnenschein im Publikum

Vielleicht bin ich der Einzige, der den einstigen Erfolg dieses Komponisten (auch in "Die Gezeichneten", "Der ferne Klang" etc.) trotzdem nicht durchgängig versteht. Bei der Premiere hier: eitel Sonnenschein von seiten des Publikums. Humor hat Schreker auch. An einer Stelle heißt es: "Hoppla, ein Galgen! Das riecht nach Kultur." Lohnt sich.

Kai Luehrs-Kaiser, rbbKultur