Restaurant "1811" © Thomas Platt
Thomas Platt
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Das ehemalige "Lutter & Wegner" in Berlin-Charlottenburg - Restaurant "1811"

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Der Generationenwechsel an Traditionsorten geht meistens mit geringfügigen Anpassungen, oft sogar unmerklich, vonstatten. Anders im "1811": Das kleine Charlottenburger Lokal hat einen Betreiber- und Namenswechsel hinter sich, dazu eine gründliche Renovierung und erfreut nun mit einem jungen Küchenstil. Dennoch müssen Stammgäste, von denen es viele gab, als es noch "Lutter & Wegner" hieß, hier nicht fremdeln.

Im Westen der Stadt gehörte das Lokal am S-Bahnhof Savignyplatz zum Urgestein der Kneipen- und Restaurantlandschaft. Und als solches geriet das "Lutter & Wegner" allmählich ins Bröckeln – und zwar am wenigsten wohl wegen der touristischen Nutzung des Namens am Schauspielhaus.

Restaurant "1811" © Thomas Platt
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Neues Leben für einen Oldtimer

Wie das inzwischen geschlossene "Florian", das gleich nach der Wende eingegangene "Fofies" und die heute museale "Paris Bar" gehörte das im Jahr 1811 erstmals am Gendarmenmarkt gegründete Haus überdies in die Reihe der klassischen Künstler- und Prominententreffpunkte, von denen manche in Hollywood bekannter waren als im Heimatort. Nun ist in der Schlüterstraße ein junger Koch angetreten, dem Oldtimer neues Leben einzuhauchen.

Elan eines jungen Kochs

Dennoch müssen Stammgäste, von denen es viele gab, als es noch "Lutter & Wegner" hieß, hier nicht fremdeln. Denn Richard Reichelt gelingt es mit Gerichten wie einer gebeizten Fjordforelle mit roter Bete, der in Portwein geschmorten Ochsenbacke und dem Wiener Schnitzel nebst eines denkwürdigen Kartoffelsalats, den genius loci weiter wirken zu lassen.

Gleichzeitig gelingt Reichelt der bruchlose Übergang zu Speisen, die den Elan eines jungen Kochs zum Vorschein bringen. Neben dem Heilbutt in Safranschaum überzeugt vor allem sein gefüllter Artischockenboden auf Petersiliencreme mit Champignon, Lauch und einer Haube aus Kartoffelpüree, untermischt mit Mascarpone und Bergkäse. Man kann das Gericht – versehen mit der vollständigen Leiblichkeit einer Skulptur – als ein Exempel moderner und komplexer Geschmacks- und Texturentwicklung betrachte. Überdies gehört es ganz sicher zu den hervorragenden vegetarischen Neuerungen des Jahres.

Moderne Küchentechnik trifft Altmodisches

Es überrascht nicht, dass an dieser Stelle auch das pflanzenbasierte Steak von "Redefine Meat" eine Chance bekommt. Das marmorierte Kunstfleisch hält sich mit Sellerie, wildem Brokkoli und kandierter Zitrone sozusagen in einem eher gutbürgerlich-rustikalen Milieu auf.

Richard Reichelt ist einer von jenen Entrepreneuren, die einerseits vertraut sind mit der modernen Küchentechnik und andererseits etwas Altmodisches an sich haben. Letzteres bezieht sich auf ihr Produktverständnis, das regional und ökologisch erzeugte Ware bevorzugt und insgesamt strengere Maßstäbe bei ihrer Auswahl anlegt, als das noch bei den Generationen vor ihnen der Fall war. Gleichwohl gibt Reichelts Arbeit nicht etwa bloß Zutaten in gegarter und kombinierter Form wieder, sondern legt sie gleichsam offen – zumal sich geschmackliches Kalkül und handwerkliche Ausführung so gut wie nie im Wege stehen.

Thomas Platt, rbbKultur

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