Snacks für die ARD-Kinderradionacht - Lob der Pommes
Ob rot-weiß oder mit Salz: Pommes haftet oft ein bescheidenes Image an, das an schäbige Imbissbuden und riechendes Frittieröl erinnert. Dabei ist dieses Aschenputtel der Gastronomie ein Klassiker, den Menschen allen Alters und jeder Herkunft und Kultur lieben und der sogar Poeten inspiriert hat. Kein Schwimmbad- oder Fußballspielbesuch ist ohne obligatorische Pommes denkbar. In der kalten Jahreszeit spricht nichts dagegen, eigene Kreationen zu Hause zu zaubern, mit entsprechenden Dips. Statt frittiert werden die Pommes im Ofen gebacken - so sind sie leichter und die Wohnung riecht nicht tagelang wie eine Großküche.
In siedendem Öl spritzt die Lust der Welt,
die Kartoffelschnitze wandern in die Pfanne
wie schneeweiße Federn morgendlicher Schwäne,
und heraus kommen sie halb golden
vom prasselnden flüssigen Bernstein der Oliven.
Der Knoblauch fügt hinzu seinen irdischen Duft,
der Pfeffer seine über Riffe gewehten Pollen,
und frisch eingekleidet, im Elfenbeinkostüm,
füllen sie den Teller mit ihrer immer wiederkehrenden Fülle
und der köstlichen Schlichtheit von Erde.
Pablo Neruda - "Ode an die Pommes frites"
Frittierter Klassiker
Ob mir eine Portion Pommes schon mal solche Höhenflüge der Phantasie beschert hat, kann ich schlecht sagen. Selbst in den letzten Jahren, in denen Pommes in vielen Innenstädten in Deluxe-Versionen aufgetischt werden, mit vielfältigen Beilagen, bin ich dem idealen Geschmack und der passenden Konsistenz nie begegnet.
Da Pommes frittiert werden, liegt ihr Gelingen vor allem daran, wie heiß und in welchem Öl sie landen. Einige schwören auf die Technologie bekannter Fastfood-Ketten, die dank ihrer computergesteuerten Systeme immergleiche, knusprige Pommes liefern. Andere bemängeln wiederum, dass die billige Tiefkühl-Massenware gar nicht mehr nach Kartoffel schmecken würde. Die Qualität der Kartoffeln spielt nämlich eine große Rolle.
Pommes statt Fisch
Viele Imbisse und Gaststätten lassen sich mit gekühlten oder tiefgekühlten Produkten aus Belgien beliefern - dem Land, das als Wiege der Pommes Frites gilt. Dort werden sie am liebsten mit Miesmuscheln gegessen ( "Moules frites") und dort sollen sie auch erfunden worden sein - und zwar aus der Not: Als die Flüsse in Winter gefroren waren und die Fischer keinen Fang nach Hause bringen konnten, sollen die Fischerfrauen Kartoffel, die sie ungefähr in Fischform geschnitzt hatten, frittiert haben.
Holländer und Engländer reklamieren die Erfindung der Pommes ebenfalls für sich. In den USA nennt man Pommes "French Fries", weil die allererste Pommesbude der Welt im 19. Jahrhundert in Paris gestanden haben soll, am Pont Neuf.
Chips und Colt
Manchmal werden Pommes irrtümlicherweise als "Chips" bezeichnet. Die dünnen Kartoffelscheiben, die ganz knusprig frittiert werden, sollen 1853 in den USA erfunden worden sein, von einem Koch namens George Crum, einem Amerikaner mit indianischen Wurzeln. Er war Chefkoch im renommierten Hotel in Saratoga Spring (New York). Crum war es eigentlich gewöhnt, stets Komplimente von den Kunden zu bekommen. Nur ein Kunde hatte immer was zu mäkeln: Cornelius Vanderbilt, der große Eisenbahn-Tycoon. Ihm waren die frittierten Kartoffeln immer zu grob geschnitten. Der genervte Koch hat daraufhin sehr feine Kartoffelscheiben geschnitten und diese - um ihn zu ärgern - stark gesalzen so kross frittiert, dass sie sich nicht mehr mit der Gabel aufspießen ließen.
Mr. Vanderbilt war erst irritiert und wußte nicht, was er machen sollte - schlißlich musste beim Essen eine Hand immer frei sein - unter dem Tisch, auf dem Colt. Wer beim Essen Messer und Gabel zugleich benutzte, das waren in der Zeit nur die Europäer. Der Tycoon langte mit der Hand zu und war begeistert: Pommes waren geboren, und so wurden Chips zu einem Kult.
Anfang des 20. Jahrhunderts gab es in England die ersten verpackten Chips in der Tüte, die Kinder anschließend gerne aufblasen und platzen lassen.
Pfanne oder Ofen
Pommes oder Chips sind ziemlich ölreiche Angelegenheiten. Eine Alternative ist, Kartoffelstifte Pommes-ähnlich zu schneiden, mit etwas Olivenöl zu beträufeln, im Ofen kross zu backen und sie als "echte" Pommes Frites zu schmuggeln. Der Vorteil: Sie sind leichter und schonen die Küche vor tagelangem Frittenbudengeruch. Mit entsprechenden Dips wird kaum jemand den Unterschied zum Original aus der Pfanne merken - und wenn doch, dann nur, weil sie noch besser sind!
Elisabetta Gaddoni, rbbKultur