Uruguayische Fusionsküche in Berlin-Friedenau - Restaurant "La Mezcla"
Das unauffällige, kleine und hübsche Lokal nah dem Breslauer Platz bietet anspruchsvolle Gerichte an, die Zutaten der südamerikanischen Küche mit Einflüssen aus Europa und Asien verbindet: Eine zeitgemäße, qualitätsbewusste und hochpreisige Fusionsküche, die aber nicht durchgängig überzeugt.
Wer zufällig im "La Mezcla" landet, im Glauben, es handle sich um eines der vielen Restaurants mit einfacher südamerikanischer Küche, erlebt spätestens nach Sichtung der Speisekarte eine Überraschung. Sowohl die Preise als auch die Beschreibung der Gerichte, die die komplexe Kombination der Zutaten betont, deuten auf gehobene Fusionsküche hin.
Die "Cocina Novoandina" hat in den letzten Jahrzehnten Gerichte der präkolonialen indigenen Küche wiederentdeckt und auf Sterneniveau gehoben. In den Gerichten finden sich Produkte wie Quinoa und Mais ebenso wie Zutaten aus der italienischen, arabischen und insbesondere der japanischen Küche.
Anspruchsvolle Neuinterpretation südamerikanischer Klassiker
Aus Uruguay, der Heimat der Wirtin, stammt vor allem hervorragendes Rindfleisch aus reiner Weidehaltung. Hier wird es 72 Stunden vakuum gegart, so dass die Textur sehr zart bleibt, und im heißen gusseisernen Behälter serviert, mit Ananas-Stückchen getoppt und von zwei Saucen und Tortillas begleitet – Zwiebel-Tomaten-Chili und der typischen grünen Sauce Chimichurri, hier mit Koriander und Minze.
Die Tortillas befinden sich in einer Serviette, so gewickelt, dass sie warm bleiben. Fleischstücke und Saucen sollen darin gewickelt werden, nach Taco-Art. "Taco al Pastor" ist tatsächlich ein traditionelles mexikanisches Gericht, hier in moderner, ansprechender Art interpretiert.
Einen bedeutenden Einfluss hatten in Uruguay auch italienische Einwanderer. Darauf spielt wahrscheinlich der "Canelón" an, eine große Wan-Tan-Tasche mit köstlicher Auberginencreme gefüllt, mit einem bissfest gebratenen Mini-Pakchoi auf Limette-Safran-Béchamel und mit vielerlei Aromatupfern serviert, u.a. einem verführerischen Rote-Bete-Wasabi-Pesto. Der in der Karte angekündigte Trüffel wurde entweder vergessen oder er war so klein, dass er im Ensemble der Geschmäcker verloren gegangen ist.
Fisch spielt in dieser Küche eine große Rolle. Beim Pulpo-Gericht liegt der zarte und sehr schmackhafte Oktopus-Arm auf einem Blumenkohlpüree, bei dem Grüner Tee und Pistazien für die grüne Farbe und das runde Aroma sorgen. Kleine Tupfer aus püriertem schwarzen Knoblauch, Mayonnaise aus Kalamata-Oliven und eine Wolke Zitrusschaum sorgen für zusätzliche aromatische Akzente.
Das Ceviche, das modische, sehr beliebte peruanische Gericht aus mariniertem Rohfisch, schmeckte wiederum ziemlich blass. Ebenso die viel zu mild geratene Tigermilk-Marinade, traditionell aus Limettensaft, Zwiebeln und Chili. Geröstete Maiskörner sorgten zwar für einen knusprigen Kontrapunkt, überlagerten aber geschmacklich beinahe den Fisch.
Gleichfalls zwiegespalten war der Eindruck bei den Desserts. Hinreißend war der Lemon Pie, bei dem das Aroma der japanischen Yuzu-Zitrone in vielerlei Texturen zu genießen war – als Creme, als Schaum, als Baiser, als Lemon Curd – auf knusprigen und salzigen Brezelstücken gebettet. Bunt und schön anzusehen, aber geschmacklich nichtssagend war das Frucht-Ceviche: verschiedene Obstsorten, in Scheiben, Stücken oder Kugeln, auf einem milden Saucenspiegel. Unauffällig war das dritte Dessert: ein warmes Schokoladentörtchen mit weichem Herz, wie es mittlerweile fast jedes Restaurant anbietet, mit Zitronensorbet und kandiertem Ingwer serviert.
Kreative Küche, die Aromen nicht immer stimmig
Insgesamt hinterlässt das Essen den Eindruck einer Küche, die sehr um Qualität und zeitgemäßen Umgang mit Zutaten und Küchentechniken bemüht ist, aber diesen Anspruch nicht bei jedem Gericht einhalten kann. Die eher kleinen Portionen suggerieren, dass ein Essen aus drei Gängen bestehen sollte. Mit Getränken heißt das, dass pro Person mindestens um die 100 Euro fällig sind. In dieser Preisklasse ist allerdings eine durchgängig überzeugende Küche zu erwarten.
Sehr umfangreich ist die Getränkekarte, mit einem imposanten Angebot an Cocktails und Long Drinks – auch jenseits des traditionellen peruanischen Pisco Sour – sowie mit einer umfassenden Weinkarte. Diese hat wohl den Anspruch, das bei uns nicht sehr bekannte Weinland Uruguay vorzustellen, das trotz der kleinen Anbaufläche immerhin viertgrößter Weinerzeuger Südamerikas ist. Neben Weinen aus Argentinien, Frankreich, Italien und Deutschland finden sich auf der Karte Weiß-, Rosé- und Rotweine aus der ältesten uruguayischen Rebsorte Tannat und aus Moscatel- und Cabernet-Sauvignon-Reben.
Leider fehlen auf der Karte die Bezeichnungen der Weine und der Produzenten. Der angenehme, nicht zu fruchtige, nach grünem Apfel schmeckende Sauvignon Blanc, den wir – zusätzlich zu etlichen Runden Pisco Sour – hatten, hieß Pedregal. Die Kamera meines Handys hat sich den Namen für mich gemerkt.
Elisabetta Gaddoni, rbbKultur