Worauf achten bei Speiseeis? - Gutes Eis erkennen
Bei der aktuellen Hitze haben Eisdielen Hochkonjunktur. Aber selbst in den kühleren Monaten ist Eis ein sehr profitables Geschäft - das zeigen die unzähligen Eismanufakturen, die in den letzten Jahren überall entstanden sind. Die hauseigene Herstellung sichert eine größere Gewinnspanne, ist aber nicht immer Garantie für besseres Eis. Farbe, Präsentation, Konsistenz, Geschmack und Verträglichkeit verraten aber oft, ob Speiseeis frisch und mit natürlichen Zutaten hergestellt wird.
"Eis aus eigener Herstellung": Diese Angabe sagt erstmal nicht mehr, als dass das Eis selbst produziert wurde und nicht fertig gekauft und wiederverkauft wird – mit viel kleinerer Gewinnmarge. Die Herstellungsmethoden von Speiseeis sind aber vielfältig.
Verwendet man natürliche Zutaten, dann wird der Prozess um einiges komplexer und fordert Wissen und Erfahrung. Wer Eis professionell herstellt, hat oft Kurse und Fortbildungen hinter sich. Speiseeis muss cremig sein, und damit die Zutaten so gebunden werden, dass kein eisiges Mundgefühl entsteht, werden Bindemittel eingesetzt. Um die Bindung der Zutaten für längere Zeit zu stabilisieren hat man früher ungesunde gehärtete Fette als Emulgatoren zu verwendet. Heute sind sie eher im verpackten Eis zu finden, wobei einige Berliner Eisfabriken sie immer noch einsetzen.
Besonders viele Emulgatoren benötigt Eis, das an Verkaufsstellen geliefert wird und sich über mehrere Tage halten muss: Ohne Bindemittel würde sich der Wasseranteil von Fett und Proteinen trennen, die Eiscreme würde dann matt und unappetitlich aussehen.
Die Kunst der kalten Perfektion
Viel verbreiteter sind heutzutage Verdickungsmittel aus pflanzlicher Herkunft, u.a. aus Johannisbrotkernmehl und Algen. Ihre Verwendung mit frischen Zutaten ist aber ein ziemlich kompliziertes Verfahren, das sich je nach produzierter Eissorte unterscheidet, ob Frucht- oder Sahneeis, und große Genauigkeit verlangt. Aus dem Grund greifen manche Manufakturen zu fertigen Grundmischungen, die schon alles enthalten: Verdickungsmittel, Emulgatoren, Milchpulver, Zucker, Aromen und Milchproteine. Diese werden mit den eigenen Maschinen mit Wasser zu Eiscreme verarbeitet, bestenfalls werden frische Zutaten beigemischt.
Natürliches Eis erkennt man oft an der Farbe, die nicht künstlich wirken sollte: Pistazie ist z.B. niemals knallgrün, sondern eher grünlich-beige. Die Konsistenz, die bei Eiscreme nicht zu fett aber auch nicht zu eiskalt wirken soll, verrät, mit welchen Bindemitteln das Eis stabilisiert wurde. Gehärtete Fette hinterlassen im Mund ein fettiges Gefühl, machen viel zu satt und durstig, da sie tendenziell schwer verdaulich sind. Auch zu süßes Eis hinterlässt viel Durst.
Dennoch kann es bei Bio-Eisdielen vorkommen, dass die korrekt hergestellte Eiscreme zu kalt und zu wenig süß wirkt. Das zeigt, wie schwer es ist, bei der Herstellung von Eiscreme die richtige Balance zu treffen.
Qualität braucht keine Deko
Ein Kriterium für Qualität ist jedenfalls der Umsatz: In Eisdielen mit viel Kundschaft wird das Eis täglich frisch hergestellt und bleibt nicht über mehrere Tage im Verkauf - mit dem Risiko, dass sich Keime bilden. Wichtig ist es, dass das Eis nicht kunstvoll aufgetürmt um 10 Zentimeter und höher aus dem Behälter in die Höhe ragt. Da die Temperatur der oberen Schicht dann weit über 0 Grad liegt, würde das Eis ohne hohen Anteil an Emulgatoren schmelzen und die Deko herunterrutschen.
Idealerweise wird Eis in geschlossenen Behältern mit Deckel aufbewahrt. Aber da das Auge mitisst, müssen die Eissorten sichtbar sein. Ein guter Kompromiss ist es, die Behälter nur bis zum Rand mit Eis zu füllen, so dass die obere Schicht unterhalb der Kältelinie bleibt. Zum Geschmackstest bieten sich immer die einfachsten, unkombinierten Sorten an, wie Vanille, Pistazie oder Haselnuss. Da diese Zutaten in hoher Qualität sehr teuer sind, kann man an ihnen erkennen, wie weit die Eisdiele bereit ist, in gutes Eis zu investieren.
Bei Wassereis ist die Herstellung etwas weniger problematisch, wobei auch Fruchteissorten Bindemittel brauchen, damit sie im Mund nicht zu wässrig-kalt wirken. Zucker macht die Masse cremig und ist weitaus effektiver und günstiger als Früchte: Aus dem Grund setzen viele Eisdielen immer noch auf viel zu viel Zucker.
Schnee im Sommer
Wahrend Eiscreme in der heutigen Form – als Mischung aus Milch, Sahne, Eigelb und Früchten – erst im 18. Jahrhundert am Hof der Medici in Florenz entstanden ist, ist Wassereis eine uralte Spezialität, die schon vor Jahrtausenden in vielen Kontinenten verbreitet war. In der Antike, in Griechenland sowie in Rom war es üblich, zerbrochenes Eis mit Obst oder Honig zu vermischen. Die Araber, die im Mittelalter in Sizilien herrschten, perfektionierten die Sorbetkunst ("sherbeth"), in dem sie Rohrzucker hinzufügten. Für Wassereis wurde im Winter Schnee aus den Bergen in die Städte transportiert und in tiefen Eiskellern aufbewahrt.
Auch das japanische Sorbet "Kakigori" blickt auf eine uralte Tradition zurück. Ähnlich wie bei sizilianischer "Granita" werden aus Eisblöcken Eisflocken geschabt und zur schneeartigen Masse aus fein gemahlenem Eis kommen Sirup, Fruchtpürees oder auch sahnige Zutaten wie Kondensmilch oder Mascarpone.
Solche großen Mengen an Wassereis dürften in unserem Breitengrad eher in heißen Sommern zum Renner werden. Eiscreme ist hingegen über das ganze Jahr begehrt – egal, wie kalt es ist. Nirgendwo ist die Eissaison so lang wie im Norden: Dies erklärt, warum sich so viele "Gelatai" aus Norditalien in den 60er/70er-Jahren auf den Weg gemacht haben, um in Nordeuropa ihre Eiscafés "Venezia" zu eröffnen: Italiener haben Eis damals nur in den Monaten gegessen, in denen es warm genug war, um im Meer zu baden – im Juli und August.
Elisabetta Gaddoni, rbbKultur