Erfrischender Genuss - Der Sommer auf dem Teller: Wassermelone
Mit dem satten Grün ihrer Schale und dem knallroten Fruchtfleisch kündigen Wassermelonen den Höhepunkt des Sommers an. Anfang August reifen im Süden die besten Exemplare. Importfrüchte halten im Geschmack und Textur nicht immer mit, aber selbst nicht ganz süße Wassermelonen können in Salaten und herzhaften Beilagen ihr Bestes geben.
Wassermelonen prägen in den Sommermonaten im Süden das Straßenbild. Sie türmen sich auf Marktständen oder auf den Ladeflächen kleiner Lastwagen am Straßenrand. Ambulante Verkäufer bieten vor dem Kauf einer ganzen Wassermelone die sogenannte Keilprobe an: Durch einen Schnitt in die Frucht wird eine Portion herausgenommen und verkostet. Ist das nicht möglich, klopfen fachkundige Käufer lange an der Oberfläche der Wassermelone, um einzuschätzen, ob Klang und Vibrationen den richtigen Reifegrad verraten. Ältere Menschen verfügen über diese Erfahrung, denn viele hatten früher auch Wassermelonen im eigenen Acker oder Garten.
Für abenteuersuchende Teenager war es dann eine Heldentat, sie nachts stehlen zu gehen. "Teste di cocomero", Wassermelonenköpfe, war dann die passende Beschimpfung für die Jugendlichen, die dabei erwischt wurden.
Genügsam, dennoch gefährdet
"Citrullo", ein italienisches Wort für Blödel oder Dummkopf, stammt aus dem lateinischen Namen für Wassermelone und Gurke, Citrullus. Vielleicht ist diese niedrige Wertschätzung damit zu erklären, dass diese Pflanzen sehr genügsam sind und unkompliziert wachsen. Dank ihrer tiefen Wurzeln kommen sie auch mit wenig Wasser zurecht. Die extreme Dürre, die in den letzten Jahren Südeuropa plagt, macht es aber auch der Wassermelone zu schaffen: Die Produktion ist dieses Jahr so gut wie halbiert und die Früchte sind etwas kleiner. So geben immer mehr Bauern den Anbau auf oder spezialisieren sich auf Sorten, die schon im Mai oder Juni reifen und überlassen den Markt in den Folgemonaten der viel günstigeren Produktion aus anderen Ländern, vor allem aus Griechenland.
Dennoch gehören Wassermelonen in Italien im Sommer noch zum Straßenbild: Es gibt überall Kiosks mit Tischen davor, zu denen man geht, um eine kalte Scheibe Wassermelone zu essen - so wie man hier bei uns in Biergärten geht.
Wasserbombe mit Geschmack
Wassermelonen bestehen zwar fast nur aus Wasser, enthalten aber auch Vitamine, Mineralien und Nährstoffe – dafür weniger Zucker als andere Obstsorten - und sind daher ein gutes Mittel gegen Dehydrierung. Aus dem Grund waren sie in heißen und wasserarmen Gegenden immer auch ein Mittel, um den Durst zu löschen, für Menschen wie für Tiere.
Schon im alten Ägypten und noch früher im südlichen Afrika wurden sie als "Wasservorrat" geschätzt. Das Besondere am Geschmack dieser Frucht sind das Gleichgewicht von Zucker und Säure und die besondere Konsistenz des Fruchtfleisches. Daher ist Wassermelone als Zutat für Säfte, Smoothies und pürierte Drinks fast verschwendet, da die bissfeste, aber saftige Textur verloren geht.
Hinreißend schmeckt das sehr kalte, süße Fruchtfleisch in Würfeln geschnitten und mit einige Tropfen Grappa beträufelt. Ist die Wassermelone nicht sehr süß, eignet sie sich dennoch perfekt für herzhafte Salate und Beilage an - zum Beispiel mit Feta-Käse und Minze, wie man es aus der orientalischen Küche kennt, oder auch mit frischem Ziegenkäse oder kleinen Mozzarella-Kugeln und Basilikum.
Zur frischen, säuerlichen Süße der Wassermelone passen bittere Blattsalatsorten wie Rucola und Spinat oder Wildkräuter besonders gut, wobei kleine gelbe Tomaten und grüne gebratene Pimientos de Padrón für zusätzliche Farbakzente sorgen. Gegrillte Hühnerfleischstreifen passen als Beigabe ebenso gut.
In der Fischküche findet sich Wassermelone immer wieder als Zutat von Gerichten mit gegrilltem oder geräuchertem Lachs, mit Pulpo, Tintenfisch, Garnelen und anderen Meeresfrüchten.
Mit oder ohne Kerne
Mit ihrer üppigen runden oder ovalen Form und ihren knalligen und kontrastreichen Farben gehört die Wassermelone zu den beliebtesten Motiven in der Kunst. Eine italienische Website zeigt Kunstwerke, die im Laufe der Epochen dem Thema Wassermelone gewidmet wurden: von den Stillleben der Barockzeit bis zu den Werken von Künstlern der Moderne wie Cezanne, Matisse, Balla, De Chirico, Dalì und Kahlo. Allgegenwärtig in diesen Bildern sind die schwarzen Kerne, ein unverwechselbares Merkmal dieser Frucht, das aber in den letzten Jahrzehnten in immer mehr hybriden Sorten weggezüchtet worden ist. Dabei sollen die Kerne nicht gesundheitsschädlich sein - sie wirken höchstens leicht abführend, wenn in Mengen mitgegessen.
Die Drohung meiner Mutter, es würde mir eine Wassermelone im Bauch wachsen, wenn ich die Kerne mitesse, hat sich jedenfalls bis heute nicht bewahrheitet ...
Elisabetta Gaddoni, rbbKultur