Drama - "Blueback - Eine tiefe Freundschaft"
Die Australier bangen um ihre Meereswelt: Das Great Barrier Reef leidet unter der Erwärmung des Wassers. Rund 90 Prozent der farbenprächtigen Korallen sind inzwischen von der Korallenbleiche betroffen. An anderen Orten bedrohen Überfischung und die Erschließung der Küste für Bauprojekte die Flora und Fauna im und am Wasser. Das macht Regisseur Robert Connolly zum Thema seines Films "Blueback".
Blueback ist ein Fisch, ein Blue Groper, im Deutschen ein Riesenlippfisch, verwandt mit dem Barsch. In Australien ist der Blue Groper das Wappentier des Bundesstaates New South Wales, also sehr bekannt. Optisch haben diese Fische tatsächlich ein Kussmaul mit dicken Lippen. Vor allem aber sind sie sehr zutraulich, das ist wichtig für diese Geschichte. Lange wurden die Groper mit dem Speer gejagt, inzwischen ist das verboten und sie können sehr alt werden.
Der Held: Ein Riesenlippfisch
Im Film begegnet die junge Abby beim Tauchen einem solchen Riesenlippfisch. Sie nennt ihn Blueback und muss ihrer Mutter versprechen, niemandem von dem Fisch zu erzählen, damit er nicht gejagt wird. Abbys Mutter ist Umweltaktivistin. Seit dem Tod ihres Mannes lebt sie mit ihrer Tochter allein in der Bucht und kämpft gegen die Vertreibung durch einen Immobilienunternehmer, der die ganze Küste parzellieren will. Und sie kämpft gegen die Überfischung. Die meisten Kutter fahren aufs Meer, um die Abalone zu ernten, die großen Seeschnecken. Oft nehmen sie aber noch illegal Beifang mit nach Hause.
Eine Liebeserklärung an die Unterwasserwelt
Kameramann Rick Rifici ist spezialisiert auf Wellen und Unterwasser-Fotografie. Er filmt die Welt von Blueback mit großer Sorgfalt, aber ohne Aquarium-Kitsch. Alles wirkt verletzlich und vom Menschen unabhängig. Auch der Fisch ist nicht putzig oder dressiert, sondern eher neugierig, vielleicht ein bisschen aufdringlich mit seinen kleinen Stielaugen. Abby und ihre Mutter tauchen ohne Sauerstoffflaschen, so dass sie selbst fast wie Fische wirken. Da setzt der Film eher auf Glaubwürdigkeit als auf spektakuläre Farbigkeit. Ganz offensichtlich muss Blueback auch vor dem australischen Kino-Publikum bestehen, das sein Meer gut kennt.
Großartige Schauspielerinnen
Mia Wasikowska spielt die erwachsene Abby, die Meeresbiologin geworden ist und nach Jahren an der Westküste Australiens zu ihrer Mutter zurückkehrt, weil diese einen Schlaganfall erlitten hat. Mia Wasikowska hat hier beides: eine große Durchsichtigkeit, die zu der Unterwasserwelt passt und diese australische Zähigkeit, den Willen durchzuhalten, der für das Leben an Land nötig ist. Leider tritt die Schauspielerin nur sporadisch auf, denn der größte Teil der Geschichte findet in Abbys Kindheit statt.
Die großartige Ilsa Fogg spielt die junge Abby, sehr empfindsam und trotzdem ruhig und bestimmt. Radha Mitchell ist Abbys junge Mutter Dora. Das Buch hat der australische Bestsellerautor Tim Winton geschrieben, dem vorgeworden wird, dass er Frauen eher als Stereotypen zeichnet. Hier aber entsteht eine sehr spannende Mutter-Tochter Beziehung.
Gemeinsame Leidenschaft: das Tauchen
"Let’s get wet!" - das ist das Motto, das Mutter und Tochter verbindet. Abbys Vater ist beim Perlentauchen gestorben. Ihre Mutter ist leidenschaftliche Taucherin. Zum achten Geburtstag wirft sie einen Ring ins Wasser und fordert Abby auf, ihn vom Meeresboden hochzuholen. Aber Robert Connolly macht mehr aus dieser Beziehung als sportliche Kameradschaft. Die beiden Frauen wachsen aneinander, schätzen sich auch als politische Kampfgefährtinnen. Trotzdem ist ihre Bindung so fragil wie die Welt von Blueback.
Das ist die subtile Botschaft des Films: Der rabiate Umgang mit der Natur kann auch die menschlichen Beziehungen gefährden und umgekehrt wachsen Mitgefühl und Empathie mit dem Einklang zwischen Meer und Mensch.
Simone Reber, rbbKultur