Corsage © Alamode Film
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Historisches Drama - "Corsage"

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Elisabeth, Kaiserin von Österreich und Königin von Ungarn, war schon zu Lebzeiten eine Legende. Bereits 1920, gut 20 Jahre nach ihrem Tod, wurde ihr Leben zum ersten Mal verfilmt, danach wurde sie unter anderem von Lil Dagover und Ava Gardner verkörpert und - am berühmtesten - von Romy Schneider in der "Sissi"-Trilogie von Ernst Marischka in den 50er Jahren. Ganz anders geht jetzt die österreichische Regisseurin Marie Kreutzer in dem Film "Corsage" an dieses Leben heran. Der Film feierte seine Premiere im Frühjahr auf dem Festival in Cannes und kommt jetzt bei uns in die Kinos.

Weihnachten 1877, Kaiserin Elisabeth von Österreich wird 40 Jahre alt. Nicht um die Mädchenjahre geht es, sondern um die Kaiserin als erwachsene, eigenwillige Frau, die sich gegen das Hofprotokoll auflehnt, die raucht, im Abgehen auch mal den Mittelfinger reckt und sich ihre eigenen Gedanken zur Politik ihrer Zeit macht. Doch wenn sie ihren Mann am Frühstückstisch fragt, wie er mit Sarajewo vorgehen wolle, schlägt der auf den Tisch und herrscht sie an: "Schluss jetzt!"

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Strategien der Verweigerung

Die Rollen sind klar verteilt: "Meine Aufgabe ist es, die Geschicke dieses Reiches zu lenken, deine Aufgabe ist es lediglich, zu repräsentieren." Doch Kaiserin Elisabeth hat Strategien entwickelt, sich zu entziehen. Mal taucht sie minutenlang in der Badewanne unter, bis ihre Kammerzofen sich Sorgen machen. Mal lässt sie sich beim Hofzeremoniell elegant und wie in Zeitlupe in eine vorgetäuschte Ohnmacht fallen. Ihrem Freund, König Ludwig von Bayern, führt sie vor, wie das geht: langsam zurückkippen und auf den Boden gleiten ...

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Jenseits charmanter Sissi-Haftigkeit

Die titelgebende Corsage wird zur Metapher für die Zwänge, denen die Kaiserin unterworfen ist. Zugleich ist sie aber auch ein Panzer gegen die Zumutungen der Zeit, den sie von ihren Zofen immer enger schnüren lässt. Unablässig fühlt sich die Kaiserin bei Hofe beobachtet, kontrolliert und kritisiert, fürchtet zu dick oder zu alt zu sein.

Vicky Krieps spielt die berühmte Kaiserin jenseits der charmant weichen Sissi-Haftigkeit von Romy Schneider, ganz kantig, streng und widerständig, als 40-jährige Frau in der Lebenskrise. Ihre Kaiserin ist selbstbewusst, klug und wachsam und treibt mit ihrer Eigenständigkeit Risse ins Korsett ihrer Zeit. Wo sie kann, sprengt sie das Protokoll und die Erwartungen, die an sie gestellt werden. Und immer wieder flieht sie aus Wien - nach England zu einem verflossenen Liebhaber oder nach Bayern, zu ihrem Freund, König Ludwig (Manuel Rubey), bei dem sie sich ganz natürlich geben kann, mit dem sie die todessehnsüchtige Melancholie teilt.

Feministischer Blick auf die Historie

In Filmen wie "Die Vaterlosen", "Was hat uns bloß so ruiniert" und "Der Boden unter den Füßen" hat die Österreicherin Marie Kreutzer immer wieder aktuelle Rollenbilder und Gesellschaftsstrukturen untersucht. Zum ersten Mal hat sie jetzt einen historischen Stoff verfilmt, tut das aber mit durchaus gegenwärtigem Ansatz. Auf den Feldern sind Traktoren zu sehen, rund 20 Jahre vor der offiziellen Erfindung des Kinos gehört die Kaiserin schon zu den ersten Menschen, deren Bewegungen auf Film gebannt werden, auf einer Harfe erklingt ein Song der Rolling Stones und auch die Wehmut von Camilles Soundtrack-Song "She was" klingt ausgesprochen modern. Diese feinen Stilbruch-Irritationen fungieren als dezenter Brückenschlag zwischen den Zeiten.

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Jenseits der offiziellen Geschichtsschreibung bietet die Regisseurin aus heutiger, feministischer Perspektive einen Blick hinter die repräsentative Fassade und in die Seele der Kaiserin, ganz ähnlich wie das Pablo Larraín und sein Autor Steven Knight gerade in "Spencer" für Prinzessin Diana getan haben. Gleichzeitig funktioniert der Film aber auch als Kommentar zu männlich dominierten Machtstrukturen, in denen von Frauen bis heute erwartet wird, dass sie ewig jung, schön und schlank bleiben.

Anke Sterneborg, rbbKultur

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