Drama - "Maixabel - Eine Geschichte von Liebe, Zorn und Hoffnung"
Rund 850 Todesopfer forderte der gewalttätige Freiheitskampf der baskischen Terrororganisation ETA. Nach der spanischen HBO-Serie "Patria" befasst sich nun auch der Spielfilm "Maixabel – Eine Geschichte von Liebe, Zorn und Hoffnung" mit den Folgen der Gewalt. Basierend auf realen Ereignissen verknüpft die Schauspielerin und Regisseurin Icíar Bollaín in ihrem 10. Spielfilm die Lebensgeschichten von Opfern und Tätern.
Es beginnt mit einem Vorspiel im Jahr 2000: Man spürt die Anspannung der drei Männer, die sich schweigend auf den Weg machen, um ein Attentat auf Juan Mari Jáuregui, den ehemaligen sozialistischen Zivilgouverneur einer baskischen Provinz zu verüben.
Methodische Hinrichtung
Einer bleibt draußen im Fluchtfahrzeug, zwei laufen in ein Café-Casino und schießen dem Mann, der sich hier ohne Leibwächter mit einem Freund trifft, von hinten in den Kopf - eine schnelle, methodische Hinrichtung. Auf der Flucht hören die Männer die Fahndungsmeldung der Polizei: "Gesucht werden drei Männer nach einem Anschlag im Casino in Tolosa."
Zuhause ahnt seine Frau Maixabel (Blanca Portillo) nichts Gutes, als das Telefon beharrlich klingelt, im Krankenhaus erfährt sie nur noch, dass er seinen Kopfverletzungen erlegen ist.
Einige Jahre später werden die Täter gefasst und verurteilt. Elf Jahre nach dem Attentat bietet einer der beiden im Gefängnis sitzenden Mörder der Witwe ein Gespräch an. Sein Kumpel Ibon (Luis Tosar), der die tödlichen Schüsse abgefeuert hat, hält zunächst wenig von der Idee: Er findet, die Organisation, die den Befehl gegeben hat, müsse sich entschuldigen - nicht die Männer, die den Mord "nur" ausgeführt haben.
Reue und Scham, Trauer und Schmerz, Wut und Hass
Im Umfeld von Maixabel löst das geplante Treffen mit dem Mörder des geliebten Mannes und Freundes heftiges Unverständnis aus. Besonders aufgebracht ist ihre Tochter, auch aus Angst um das Leben ihrer Mutter, wegen der Aufmerksamkeit, die sie auf sich zieht.
Maixabel will auf das Angebot eingehen, auch weil sie sicher ist, dass das im Sinne ihres Mannes ist, der den Dialog immer gesucht hat. "Er hätte auch mit seinem Mörder gesprochen", argumentiert sie.
Innerhalb der ETA gelten die Mörder, die die Aussprache suchen, als Verräter: "Du kannst nicht für dich allein handeln, auch wenn du das willst", wird Ibon gewarnt: Es sei sehr kalt außerhalb der Organisation.
Jeder hat etwas zu sagen, die Gefühle liegen roh, Reue und Scham, Trauer und Schmerz, Wut und Hass. Icíar Bollaín nimmt sich viel Zeit für den komplexen Prozess der Annäherung, für die vielen verschiedenen Perspektiven und Meinungen, die sie ganz ruhig choreografiert. Und die Schauspieler:innen - allen voran Blanca Portillo als Maixabel und Luis Tosar als Ibon - lassen die widersprüchlichen Gefühle in vielen Nuancen aufschimmern.
Heilsamer Dialog
Die Mutter des Täters hat die Witwe im Fernsehen gesehen und findet sie sympathisch. "Willst du mich daran erinnern, was für ein Idiot ich war?", poltert er zurück. Der Dialog zwischen Täter und Opfer ist kompliziert, aber heilsam - für beide Seiten.
"Maixabel" erinnert auch an die filmischen Versuche der Aufarbeitung des RAF-Terrors in Deutschland. Icíar Bollaín bleibt ganz sachlich und dokumentarisch nah an den realen Ereignissen und verdichtet sie zugleich filmisch. Sie hat mit allen Beteiligten gesprochen, alles, was gesagt wird, haben die Betroffenen erzählt - beispielsweise Maixabel, die im Gespräch mit dem Mann, der ihr die große Liebe ihres Lebens genommen hat, sagt, dass sie lieber die Witwe von Juan Mari sei als die Mutter seines Mörders.
Auf seine ruhige, sachliche, unaufgeregte und eindringliche Art macht der Film klar, wie wichtig der Dialog für beide Seiten ist. Dabei strahlt er weit über die historische Realität der ETA-Anschläge, auf die Folgen von Krieg und Terror auf der ganzen Welt.
Anke Sterneborg, rbbKultur