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Drama - "Vortex"

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Mit Filmen wie "Menschenfeind", "Irreversible" und "Enter the Void" hat sich der französisch-algerische Filmregisseur Gaspar Noé einen Ruf als Enfant Terrible des französischen Kinos erarbeitet. Schonungslos subjektiv lotet er in seinen Filmen Liebe, Tod und Rache aus. Sein neuestes Werk "Vortex" handelt von Alzheimer und Demenz, erzählt am Beispiel eines alten Paares, gespielt von der französischen Ikone Françoise Lebrun und dem italienischen Regisseur Dario Argento, der zum ersten Mal als Schauspieler vor der Kamera steht.

In dem bittersüßen Chanson "Mon Amie, la rose" besingt Françoise Hardy die Geburt, das Leben und das Sterben einer Rose. Gaspar Noé setzt den Song als vieldeutige Metapher ein. Bei ihm wird die Rose zur achtzigjährigen Ehefrau, die eines Nachts aufwacht und sich in ihrem Leben nicht mehr zurechtfindet.

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Schönheit und Verfall

Gespielt wird sie von Françoise Lebrun, die in den frühen Siebzigerjahren mit dem Liebesdrama "Die Mama und Die Hure" berühmt wurde. So erzählt der Film in doppelter Weise von Schönheit und Verfall.

"Vortex" beginnt in zärtlicher Eintracht eines alten Ehepaares, auf dem Balkon, wo sie abends gemeinsam sitzen, essen, Weißwein trinken und das Leben ziemlich traumhaft finden: "Das Leben ist ein Traum in einem Traum" raisoniert er, ein ehemaliger Filmkritiker, der am Lebensabend ein Buch über Film und Träume schreibt. Später liegen die beiden in selbstverständlicher Vertrautheit nebeneinander im Bett, doch als sie nachts die Augen aufschlägt, bricht dieses Band. Plötzlich wirkt sie verloren und verwirrt. "Und ich fühle mich, als würde ich fallen", singt Françoise Hardy.

Zwei parallele Leben

Immer wieder hat Gaspar Noé mit den Möglichkeiten des filmischen Erzählens experimentiert, hat in "Irreversible" eine zärtliche Liebesgeschichte rückwärts, von ihrem grausamen Ende her erzählt und sich in "Enter the Void" extrem subjektiv mit einer Seele auf die Suche nach einem neuen Körper begeben. In "Vortex" teilt er das gemeinsame Leben der beiden Ehepartner mit filmischen Mitteln. Wie eine Guillotine fällt ein schwarzer Balken von oben durchs Bild, trennt die beiden bisher so unzertrennlichen Menschen.

Indem Gaspar Noé die Leinwand mit dem Stilmittel des Splitscreens teilt, wird ein gemeinsames Leben zu zwei parallellaufenden. Wie zwei nebeneinanderstehende Fernseher wirken die Fenster in ihre Welten. Sie verlässt das Haus, um einkaufen zu gehen, doch im Laden angekommen, starrt sie die Waren in den Regalen nur ratlos an, irrt durch die Straßen, bis ihr Mann sie wieder einfängt: "Wo warst du? Ich hab' dich überall im Viertel gesucht", sagt er in einer Mischung aus Vorwurf und Erleichterung.

Gerade weil Françoise Lebrun diese Verlorenheit mit größter Zurückhaltung eher einkreist als ausspielt, wirkt sie umso intensiver, zum Beispiel im Gespräch mit dem erwachsenen Sohn: Sie wolle nach Hause, sagt sie, obwohl sie zu Hause ist, und: "Ich habe Angst."

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Minimalistische Konzentration und zurückhaltende Wahrhaftigkeit

Die kleine Familie ist überfordert, der Sohn ist mit seinem eigenen Leben als alleinerziehender Vater stark belastet, die Mutter will nicht zum Arzt, der Vater nicht mit seiner Frau in ein Heim ziehen. Er weigert sich, das Haus zu verlassen, das so lange sein Lebensmittelpunkt war und riskiert damit seinen Tod. Eines Nachts bricht er zusammen, seine Frau reagiert zu langsam, vergeudet wichtige Minuten.

"Falling", der Film, in dem Viggo Mortensen die Alzheimerkrankheit seiner Eltern verarbeitet oder "The Father" mit Anthony Hopkins als verwirrter Vater, sind nur zwei der vielen Spielfilme und Dokumentationen, die sich in den letzten Jahren mit den Volkskrankheiten Demenz und Alzheimer beschäftigt haben. Ein existenzielles Thema also, wie es typisch ist für Gaspar Noé, unkonventionell, aber mit ungewohnt minimalistischer Konzentration und zurückhaltender Wahrhaftigkeit erzählt.

Anke Sterneborg, rbbKultur

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