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Maryam Zaree, Schauspielerin und Filmemacherin, ist in dem berüchtigten Foltergefängnis Evin in Teheran im Iran geboren. Davon erzählt sie in ihrem Dokumentarfilm "Born in Evin". In dieses Gefängnis werden gerade viele der mutigen Menschen gebracht, die auf die Straßen gehen, um gegen das autoritäre Mullah-Regime zu protestieren. Tausende, die im Iran protestieren, sitzen inzwischen in Haft, einigen droht jetzt die Todesstrafe. Aus Solidarität mit diesen Menschen steht Maryam Zaree am 2.12. im Mittelpunkt eines Iran-Abends am Gorki-Theater und zeigt ihren Film.
Seit über zwei Monaten protestieren die Menschen im Iran gegen das Mullah-Regime - das darauf immer brutaler antwortet. Maryam Zaree ist trotzdem, überzeugt, dass die Revolution diesmal eine Chance hat.
Maryam Zaree, Schauspielerin und Filmemacherin
"Jetzt ist es so, dass die Bevölkerung hat nichts mehr zu verlieren. Die werden seit 43 Jahren unterdrückt. Sie verabschieden sich am Morgen von ihren Eltern und sagen: "Ich werde heut Abend vielleicht nicht mehr zurückkommen", weil was ist das für ein Leben? Was, wenn das nicht in Freiheit stattfindet? Freiheit, wie ich lieben will, Freiheit, wie ich leben will. Freiheit meiner körperlichen Autonomie. All diese Dinge werden so lange schon so systematisch unterdrückt, dass die Leute sagen, wenn wir das alles nicht mehr haben, was ist es dann für ein Leben? Wofür? Dann kann man doch auch dafür sterben, dass man sagt: Ich habe mich wenigstens dafür eingesetzt."
Maryam Zaree ist als Schauspielerin bekannt geworden. Durch Filme und Serien wie Legal Affairs oder Vier Blocks.
Szene aus 4 Blocks, mit Maryam Zaree
Sie arbeitet aber auch als Regisseurin. In ihrem Dokumentarfilm "Born in Evin" versucht sie herauszufinden, warum sie im berüchtigtsten Gefängnis des Iran geboren wurde.
Maryam Zaree, Schauspielerin und Filmemacherin
"Meine Mutter und ich verstehen uns sehr gut und trotzdem können wir einfach nicht über die Vergangenheit reden. Ich zeigte ihr sogar einen Trailer, den ich gemacht hatte und hoffte, dass sich dadurch das Gespräch eröffnen würde… Aber am Ende kam das Gespräch nicht zustande."
Doch Maryam Zaree gräbt weiter. Der Film wird eine langjährige Reise. Sie trifft Freunde ihrer Eltern und deren Kinder. Viele von Ihnen waren auch im Evin-Gefängnis eingesperrt. Sie versucht das Schweigen aufzubrechen, mit dem die schmerzhaften Erfahrungen während der islamischen Revolution zugedeckt sind.
Maryam Zaree, Schauspielerin und Filmemacherin
"Ich hatte das Gefühl, dass die Art und Weise, wie über Gewalterfahrung gesprochen wird und auch historischer Gewalterfahrung, oft so abstrakt bleibt. Wir wissen nicht wirklich, wovon wir reden, was es heißt, wenn Menschen ihrer Würde beraubt werden, wenn Menschen gefoltert werden, wenn sie von ihren Kindern entrissen werden, wenn ein ganzes Volk nicht in der Lage ist, seine Stimme zu äußern."
Maryam Zaree, Schauspielerin und Filmemacherin
"Mein Vater verbrachte 7 Jahre im Gefängnis unter ständiger Androhung der Todesstrafe."
Vater von Maryam Zaree
"Zum Duschen hatten sie ein Handtuch zum trocknen. Wenn jemand gehängt wurde, benutzte es die nächste Person. Und das ist sein Handtuch. Zwei Menschen wurden gehängt. Ich war der Dritte der es hatte. Ich stand auch kurz vor dem Hängen."
Maryam Zaree, Schauspielerin und Filmemacherin
"Und mir war ein Anliegen zu sagen: Wie lässt sich das vermitteln, damit wir uns einander in unserem Menschsein erkennen, dass das sozusagen nicht nur ist: "Ich als Mariam Zaree erzähle über die Haftbedingungen meiner Eltern oder unsere Geschichte", sondern dass wir als Gesellschaft, die postkolonial in dieser Welt unterwegs ist, verstehen, dass die Gewalterfahrung der Vergangenheit uns ja auch informiert darüber, wie wir heute leben wollen und wie eben nicht."
Jetzt will Maryam Zaree mit diesem Film andere Menschen aus dem Iran ermutigen, über die Gewalt zu sprechen, die ihnen angetan wurde und wird. Von Deutschland fordert sie Solidarität mit den Protestierenden im Iran, die täglich ihr Leben für die Freiheit riskieren.
Maryam Zaree, Schauspielerin und Filmemacherin
"Man denkt natürlich, ganz konkretes Handeln ist, zu den Kundgebungen zu gehen, an Abgeordnete zu appellieren, zu schreiben, Druck zu machen. Und gleichzeitig glaube ich aber, dass tiefer liegend, neben dem sozusagen ganz konkreten politischen Handeln fängt Engagement immer erst an, wenn wir uns wirklich in Beziehung dazu setzen. Zu sagen, dass ist nicht nur deren - die kämpfen da irgendwie für ihr Land oder so was, sondern die kämpfen für Rechte, die wir hier haben. Und wenn wir die hier haben, was machen wir mit den Rechten, gelten die dann nur für uns? Oder gelten sie dafür, dass wir sie einsetzen und unsere Stimme dafür einsetzen, dass wir uns mit den Menschen solidarisieren, deren Rechte mit Füßen getreten werden?"
Autor: Ufuk Cam