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Der Pionier der elektronischen Musik, der 1977 den Synthesizer-Sound mit "Oxygene" weltweit bekannt machte, plant jetzt wieder für die Zukunft. Sein neues Album "Oxymore" wurde als Mehrkanal- und binauralen 3D-Version konzipiert. Dazu plant Jean-Michel Jarre die „OXYVILLE“, eine virtuelle Musikstadt, in die er auch andere Künstler einladen will. Für die Vorstellung seiner neuen Ideen hat er Berlin ausgesucht, die Stadt, die für ihn maßgeblich die Entwicklung der elektronischen Musik beeinflusst hat.
Jean-Michel Jarre, ein Pionier der elektronischen Musik, würde sich das zutrauen. Die Berliner Straßen, die Autos, der Hall seien unverwechselbar, hat er mal gesagt.
Der Franzose wurde 1977 mit seinen damals visionären Sounds weltberühmt. Mit 74 will er jetzt noch einmal ganz vorne sein – Gerade hat er in Berlin sein neues Album vorgestellt.
Oxygene. Mit diesem Ohrwurm wird Jean-Michel Jarre schlagartig bekannt. Den neuartigen Synthesizer inszeniert er dabei wie eine Orgel in der Kirche. Seine Kompositionen sollen Klang-Kathedralen sein.
Jean-Michel Jarre wird in den folgenden Jahrzehnten zum Superstar der elektronischen Musik, inszeniert Mega-Konzerte für ein Millionenpublikum.
Jetzt stellt er sein neues Album "Oxymore" in Berlin vor. Die Namensähnlichkeit mit "Oxygene" ist kein Zufall.
Jean-Michel Jarre, Musiker
"Es ist so, als ob die Vergangenheit von der Zukunft nicht zu trennen ist.
Du kannst Dir selbst nie entkommen, und das erinnert mich an Frederico Fellini, den ich am Ende seines Lebens getroffen habe. Damals sagte er zu mir: "Weißt Du Jean-Michel, ich dachte immer, ich würde jedes Mal einen anderen Film machen. Und wenn ich zurückblicke, merke ich, dass ich immer denselben Film gemacht habe." Und ich denke, es ist wahr: jeder Künstler produziert immer nur Varianten von sich selbst."
Für "Oxymore" nutzt Jean-Michel Jarre die neuste 3D-Technik, den sogenannten immersiven Sound: 360 Grad, erlebbar mit Kopfhörer im Internet-Stream.
Jean-Michel Jarre, Sohn eines Filmkomponisten, bekommt als Teenager klassischen Musikunterricht am Pariser Konservatorium. Das er einmal ein Popstar wird, war eher unwahrscheinlich: Mitte der 60erJahre lernt er den Avantgarde-Komponisten Pierre Schaeffer kennen. Schaeffer experimentiert mit Geräuschen und Tonbändern und stellt sich gegen die klassische Musikpraxis mit Partituren und Instrumenten.
Schaffer prägt dafür den Begriff "musique concrète".
Einer von Schaffers Weggefährten ist Pierre Henry, der sich auf elektronische Klangerzeugung spezialisiert und als Urvater von Techno gilt. Vor einigen Jahren wollte Jean-Michel Jarre mit ihm zusammenarbeiten, doch Henry starb 2017.
Jean-Michel Jarre, Musiker
"We were in contact with his wife, his widow and she said that Pierre left me some sounds that maybe i could do something with one day. And it took a few years because of the idea of "Oxymore" and exploring all the immersive possibilities of composition."
"Wir standen in Kontakt mit seiner Frau, seiner Witwe, und sie sagte, dass Pierre mir einige Klänge hinterlassen hat, mit denen ich vielleicht eines Tages etwas machen könnte. Es hat ein paar Jahre gedauert, daraus die Idee zu "Oxymore" zu entwickeln und die Möglichkeiten des immersiven Sounds zu erforschen."
Brutalism, Jean-Michel Jarre (2022)
Inspiriert ist Jean-Michel Jarres 22tes Album auch von Berlin. Für ihn die Stadt der elektronischen Musik und des harten Techno.
Jean-Michel Jarre, Musiker
"Dieser Track bezieht sich auf die Anfänge des Techno. Es ist für mich wie der Urknall des Techno, der mit Fall der Berliner Mauer verbunden ist. Dieser Moment ist mit einer Art Chaos verbunden, mit dem Club "Berghain" und mit all dieser Technomusik aus Berlin. Ganz nebenbei, wollte ich eine Art Verbindung zu dieser Zeit schaffen, die auch Teil der Geschichte der elektronischen Musik ist."
Zu "Oxymore" hat Jean-Michel Jarre noch "Oxyville" entwickelt. Eine virtuelle Musikstadt. Hier eingeloggt, kann jeder durch die Stadtbezirke flanieren oder ein Konzert erleben. Künftig sollen sich in "Oxyville" Fans und junge Musiker als Avatare treffen können.
Auch nach 50 Jahren Karriere bleibt Jean-Michel Jarre ein Visionär.
Jean-Michel Jarre, Musiker
"An diesem Punkt meines Lebens, ist meine Vision, über Austausch nachzudenken; wie ich etwas an die jüngere Generation weitergeben kann. Das ist mir wichtig. Ich fühle mich privilegiert, ich habe viel bekommen in meinem Leben. Es ist Zeit etwas zurückzugeben, jungen Künstlern zu helfen."
Autorin: Margarete Kreuzer